September 8, 2024

79. Jahrestag von Hiroshima und Nagasaki: Zum Verhältnis von Wissenschaft und Militarismus

In der Filmbiografie Oppenheimer von Christopher Nolan aus dem Jahr 2023 wird das Leben vom „Vater der Atombombe“ Julius Robert Oppenheimer erzählt und rekonstruiert, wie die von ihm mitentwickelte Atombombe zur Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki im Jahr 1945 führte. Anfangs setzte er sich zwar gegen ein nukleares Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion ein, übernahm jedoch 1941 die wissenschaftliche Übernahme des Manhattan-Projekts, aus dem die Atombombe hervorging. Seite an Seite mit dem General Leslie Groves, der die militärische Leitung des Projekts übernommen hatte, arbeitete Oppenheimer auf die Entwicklung der Atombombe hin. 

Innerhalb des Films wird gezeigt, wie die Wissenschaft und das Militär miteinander verschmelzen, um die Atombombe zu bauen. Wie selbstverständlich hat das Militär freien Zugang zu Universitäten oder wissenschaftlichen Arbeiten und gibt diese teilweise selbst in Auftrag. Die wissenschaftliche Arbeit des US-amerikanischen oder deutschen Militärs dient allerdings nie dem Fortschritt im Sinne des Gemeinwohls, sondern unterstützt imperialistische Kriege und Ausbeutung. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die an Universitäten durch die harte Arbeit von Forschenden und Studierenden gewonnen werden, werden durch den Zugang des Militärs missbraucht und u.A. für die Modernisierung von Kriegsführung und Waffenproduktion verwendet. 

Der Film zeigt eindeutig, dass Oppenheimer die Atombombe nicht als rein wissenschaftliche Errungenschaft betrachtete. Auch wenn er auf wissenschaftlicher Ebene zweifellos ein Genie war und die Quantenphysik nicht zuletzt durch seine Arbeit am Manhattan-Projekt entscheidend vorangebracht wurde, darf man Wissenschaft nicht isoliert betrachten: Für die Politik war von Anfang an klar, dass das Manhattan-Projekt nicht einfach der Förderung wissenschaftlicher Neugier diente. Vielmehr erwartete sie ein konkretes Ergebnis, – den Bau einer Atombombe – das sie dann auch bekommen haben.

Die Problematik der Militarisierung von Universitäten und der Wissenschaft ist auch heute aktuell: Der CDU-Politiker Friedrich Merz fordert, dass die Bundeswehr uneingeschränkten Zugang zur Forschung an deutschen Universitäten erhalten soll. Außerdem fordert er, dass die Zivilklausel – die Verpflichtung, ausschließlich zu zivilen Zwecken zu forschen – abgeschafft werden soll, damit die Bundeswehr ihren Platz „in der Mitte der Gesellschaft“ bekommt. Die USA lagern derzeit zwanzig B61-Atombomben in der Gemeinde Büchel in München, wovon eine Bombe allein die Sprengkraft von 13 Hiroshima Bomben besitzt. Damit hat die Militarisierung bereits jetzt bedrohliche Dimensionen erreicht. Statt spätestens nach der schmerzvollen historischen Erfahrung den bestehenden Atommüll sicher zu entsorgen, werden von der Forschung ständig neue, größere und nun sogar „umweltfreundlichere“ Bomben entwickelt. 

Die Aufrüstung ist zudem eng mit sozialen Fragen verknüpft, da die Militarisierung direkte Auswirkungen auf die lohnabhängige und werktätige Bevölkerung hat. Um sie zu finanzieren, werden in anderen Bereichen drastische Kürzungen vorgenommen, insbesondere im Sozial- und Gesundheitswesen. Ein aktuelles Beispiel ist die Kürzungspolitik der Bundesregierung: Während Hals über Kopf mehr als 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitgestellt wurden, kämpfen auf der anderen Seite unter anderem Lehrer:innen, Pfleger:innen und Erzieher:innen gegen den Personalmangel und für höhere Löhne sowie Sanierungen von Krankenhäusern und Schulen. Die Reallöhne der Arbeiter:innen im Allgemeinen sinken ebenfalls kontinuierlich. 

Mit einer klaren Haltung und historischen Einschätzung der Verbrechen durch Atomwaffen zeigte sich der Sozialist Albert Einstein einsichtig und bereut seine Teilhabe an der Entwicklung einer Atombombe. Oppenheimer scheint das alles nicht verstanden zu haben: er hat nicht erkannt, dass nach der Kapitulation Hitlers und angesichts der Isolation und Schwäche Japans die beiden Atombomben aus Sicht der USA dazu dienten, als imperialistische Hegemonialmacht aus dem Krieg hervorzugehen. Im Gedächtnis bleibt Oppenheimer vor allem als Kriegsverbrecher, der maßgeblich daran beteiligt war, dass am 06. und 09. August 1945 durch die Atombomben Abwürfe über Hiroshima und Nagasaki an die 100.000 Menschen gestorben sind. Bis Ende 1945 und in den Jahren darauf starben noch mindestens 130.000 weitere Menschen an den Folgeschäden.