April 25, 2024

Der Frühling ruft uns

Mit dem Kommen des Frühlings feiern viele Nationen das Fest Newroz. Jedoch hat Newroz für die kurdische Geschichte und für die Völker Westasiens nicht nur die Bedeutung des Frühlings und die eines Festes, es bedeutet gleichzeitig auch die Feier des Tages, an dem einer Sage nach ein Widerstand sein Ziel erreicht hat. Der Sage nach war der Initiator des Widerstands vor 2500 bis 2600 Jahren Kawa (Kawayê Hesinker), ein Eisenschmieds. Wir erzählen seine Geschichte:

Es gab einmal einen sehr grausamen Herrscher namens Dehak (Zuhak). Er lebte in einem sehr gut gebauten Palast am Rande eines Felsens. Er selbst fraß die Gehirne der Kinder seiner Untertanen und fütterte die wilden Tiere, die er hielt, ebenfalls mit den Gehirnen der Kinder. Er befahl seinem Volk als König, dass täglich menschliche Gehirne in seinen Palast gebracht werden sollten. Das Volk folgte dem Befehl. Doch mit der Zeit wollte das Volk diese Unmenschlichkeiten nicht mehr hinnehmen. Und so widersetzte es sich dem Befehl des Königs. Daraufhin befahl der Herrscher Dehak seinen Soldaten, die Leute, die seinen Befehl missachtet hatten, gefangen zu nehmen und sie zum Palast zu bringen. Im Palast wurden viele Menschen aus der Bevölkerung getötet – nur weil sie ihre eigenen Kinder beschützten.

So ging es eine Zeit lang weiter, doch die Bevölkerung hatte diese Grausamkeit satt und suchte nach Lösungen, wie sie ihre Kinder beschützen könnten, denn die Unterdrückung des Königs stieg von Tag zu Tag an. Als die Soldaten des Herrschers Dehak ständig die Anzahl der Kinder erhöhten, entführten die Menschen ihre Kinder in die Berge und gaben diesen dort eine militärische Ausbildung. Nach einer Zeit kam der Befehl, dass die Soldaten selbst die Kinder aufschneiden und die Gehirne dem König bringen mussten, denn immer wieder kam es zum Versuch, den König mit anderen Köstlichkeiten zu besänftigen.

Während dieser Zeit saß ein Schmied namens Kawa in einem Dorf. Kawa schmiedete Waffen und Kriegsfahrzeuge für die Soldaten des Königs. Der Eisenschmied musste auch die Gehirne von sieben Kindern vorbereiten, um diese dem König zu bringen. Als es um das letzte Kind ging, weigerte er sich, länger ein Teil dieser Barbarei zu sein. Er verteilte die Kriegswerkzeuge, die in den Depots lagerten, an die Dorfbewohner und riet den Dorfbewohnern, ihre Kinder zu nehmen und sich in die Berge zurückzuziehen. Nach diesem Aufruf wurden alle Dörfer evakuiert.

Kawa sagte den Dorfbewohnern, die sich in den Bergen versammelt hatten, dass sie sich dem grausamen Herrscher widersetzen müssen, um die Unterdrückung zu beenden. Derweil wurden sie verfolgt. Jedoch schworen die unterdrückten Dorfbewohner Rache. Die militärischen Erzieher und Bauern in den Bergen vereinten sich unter der Führung von Kawa.

Nach zwei Tagen kamen die Dorfbewohner und die Rebellen aus den Bergen und stürmten den Palast des grausamen Königs Dehak. Eine Gruppe junger Rebellen kletterte nachts heimlich an die Mauern des Palastes. Nachdem sie die Wächter des Königs umbrachten, öffneten sie die Tore, vor denen die Dorfbewohner und weitere Rebellen warteten. Vor dem geöffneten Tor trat der Eisenschmied Kawa ganz vorne mit einem Speer in der Hand hervor, um die Kehle des Königs zu durchschneiden. Dann traten die Bauern und Rebellen ein. 

Nachdem das königliche System des Palastes zerstört wurde, brannten sie mit all den Sachen den gut gesicherten Palast nieder. Die Dorfbewohner und Rebellen feierten bis in die Morgenstunden um die Flammen des verbrannten Palastes herum. So zerstörten die Dorfbewohner und Rebellen die Herrschaft vom grausamen Dehak und feierten ihre Befreiung vom tyrannischen König. 

21. März 612 v. Chr. – Dieses Datum steht für die Befreiung des kurdischen Volkes und wird als Fest gefeiert. Die oben erzählte Geschichte ist zwar ein Mythos, aber was heute passiert, ist nicht weit von diesem Mythos entfernt. Dehak war gestern und ist auch heute da. Nicht nur das kurdische Volk leidet darunter. Auch Palästina, Iran, die Türkei und weitere Länder haben einen Dehak. Die unschuldig Sterbenden sind immer die Armen, auch Ausbeutung erlebt nur die ärmere Bevölkerung. Doch wie im auch Mythos haben die Arbeiter:innen und Werktätigen eine neue Welt zu gewinnen.

Kinder, Frauen, alte Menschen werden mit Bomben und Kugeln massakriert. Ein Newroz kommt näher. Die Wichtigkeit des Newroz in Bezug auf die kurdische Geschichte wurde erklärt, aber Newroz ist der einzige Feiertag, der vielen Nationen gemeinsam ist. Versteht man immer noch nicht, warum dieser wichtige Tag im Frühling ist? Die Geschichte und die Natur laden uns dazu ein, auch unsere Welt und unsere Leben zu erneuern.

Wir gedenken ebenfalls Mazlum Doğan, der am 21. März 1982, also an Newroz, in der Stadt Amed/Diyarbakır aus Protest mit drei Streichhölzern seinen Körper und die Gefängniszelle anzündete und sich im Anschluss erhängte. So wurde Mazlum Doğan ein weiteres Symbol des Widerstands des Newroz.

„Ich schwöre dass, in der Mitte dieser Dunkelheit ich das Feuer sein werde. Ich werde mich für alle unterdrückten Völker abfackeln. Vielleicht werde ich eines Tages als Fackel in den Händen der Menschen herumgehen! Das Feuer hat keine Angst vor der Dunkelheit. Ich werde auch keine Angst haben. Wo Grausamkeit, wo Verfolgung, wo auch Dunkelheit ist, werde ich dort brennen.“ – Mazlum Doğan.

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