April 25, 2024

Inflationskrise 2022 – Wer leidet und wer will noch mehr Leid?

Die Inflation steigt seit Monaten und hat einen Höchststand von 7,9% erreicht. Auch im Juli wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Die “echte Inflation“ für Durchschnittsbürger:innen liegt jedoch deutlich höher. Allein die Energiepreise erhöhten sich um 38,3% im Vergleich zum Monat des Jahres davor. 

Bei der Berechnung der Inflation wird ein sogenannter virtueller “Warenkorb” ermittelt. Dabei handelt es sich um eine repräsentative Zusammenstellung von Gütern und Leistungen, die von einem Durchschnittshaushalt innerhalb einer bestimmten Zeit konsumiert werden. Dieser Warenkorb umfasst unter anderem auch Immobilien und Elektronikprodukte, die jedoch im prozentualen Vergleich nicht so stark ansteigen wie alltägliche Lebensmittelprodukte oder Energiekosten. Somit liegt die gefühlte Inflation bei der lohnabhängigen Bevölkerung weit höher. Besonders leiden diejenigen, die von der Hand in den Mund leben, also Menschen mit geringem Einkommen und Sozialhilfeempfänger:innen. Ihr vorhandenes Budget reicht nämlich nur für den Alltagskonsum und wenn dieser teurer wird, bedeutet das mit hoher Sicherheit eine gefährdete Existenz. 

Die Inflation ist jedoch nicht erst seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gestiegen, sondern bereits in den Monaten zuvor, besonders durch Lieferketteneinbrüche aus China. So war die Inflation bereits Mitte letzten Jahres auf knapp 4% gestiegen; vor Beginn des aktuellen Krieges lag diese bereits bei 5% pro Monat. Im Zuge des Krieges nahmen Mineralölkonzerne immense Kriegsgewinne ein und erklärten diese mit angeblichen Lieferschwierigkeiten, obwohl die meisten Raffinierien genug Rohöl gelagert hatten, um problemlos weiterproduzieren zu können. So sorgte die Profitgier der Mineralölkonzerne für einen weiteren Anstieg der Inflation auf Kosten der Bevölkerung. 

Zeitgleich warnt Bundesfinanzminister Christian Lindner vor einer Lohn-Preis-Spirale. Das heißt, infolge des Anstiegs der Preise fordern die Gewerkschaften einen Anstieg der Löhne, was zu einem Anstieg der Lohnkosten und daher widerum zu einem Ansteigen der Preise führen würde. Es entstehe somit ein Teufelskreis. Praktisch heißt das für den liberalistischen Politiker, dass sich die Arbeiter:innen gefälligst zurückhalten sollen. Diese Forderung ist nicht nur menschenverachtend, wenn man beachtet, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse erfüllen müssen und dies jetzt schon zunehmend schwieriger wird. Es ist auch ökonomische Propaganda, in die sich das arbeitgebernahe Forschungsinstitut der deutschen Wirtschaft und der konservative Fokus einreihen. 

So haben die großen deutschen Konzerne in den letzten Jahren und auch im Corona-Jahr 2021 Rekordgewinne eingefahren. Diese wollen natürlich nicht auf ihre gestiegenen Gewinne verzichten und prangern aufgrund der „Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale“ lieber die Gewerkschaften an: „Wenn die Gewerkschaften jetzt nicht aufpassen, droht die Dauer-Inflation”.
Dass steigende Lohnkosten die Inflation verschlimmern, entspricht nicht der Wahrheit, da erstens die Verhandlungsmacht von Gewerkschaften in den letzten Jahren auf ein Allzeittief gesunken ist und zweitens auch ein Lohnanstieg in den letzten Jahren in fast keinem Sektor über das Maß der Inflation hinausging. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung hat die deutsche Bevölkerung heute weniger Geld im Portmonnaie als noch im Jahr 2000. 

Gleichzeitig sind Monopoliserungstendenzen in der Energiewirtschaft in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen: Aus 8 wurden 5 Energiekonzerne, die 70% des deutschen Stromes erzeugen. Infolge der Ausschaltung der Konkurrenz und der Verengung des Wettbewerbs kam es schließlich zu Preisanstiegen. Der Schuldige für die Inflation ist also nicht auf Seiten der Arbeiter:innen zu suchen, sondern auf Seiten des Kapitals, das trotz Rekordgewinnen die Preise weiter hochschießen lässt, dadurch eine Wirtschaftskrise in Kauf nimmt und die lohnabhängige Bevölkerung unter massiven existenziellen Druck setzt. 

Doch damit nicht genug; als angebliche Antwort auf die Inflation will Lindner die ab nächstem Jahr zurückfahren und zur „Schwarzen Null“ (= ausgeglichener öffentlicher Haushalt mit einem Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen) zurückkehren. In Zeiten der Klimakrise, Krankenhauskrise, maroder Schulen und Infrastruktur ist dies ein Schlag ins Gesicht der lohnabhängigen Bevölkerung, denn wie die Liberalen selbst zu Worte bringen, bedeutet dies faktisch massive Kürzungen im Sozialbereich. Dabei wären insbesondere Gesundheit und Pflege stark betroffen, da sie laut ihnen „zu hohe Ausgaben“ verursachen. Kurioserweise scheinen die 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr hier kein Problem darzustellen.

Neben der ohnehin schon destruktiven Inflation und den verschlimmerten Lebensbedingungen von Millionen lohnabhängigen Menschen würden weitere soziale Angriffe seitens der Regierung eine gesellschaftliche Katastrophe mit sich bringen. Daher kommt es vor allem auf die organisierte Arbeiter:innenschaft an, die sich dem geplanten Raub der bis heute hart erkämpften Errungenschaften entschlossen in den Weg stellt und somit den Beutezug der Konzerne aufhält. 

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