Der iranische Staat geht gegen die anhaltenden Proteste im Iran zur Ermordung der kurdischen Frau Jina Mahsa Amini weiterhin brutal vor. International solidarisieren sich Menschen mit den Protesten im Iran.
Frankreich
Im Zentrum der französischen Hauptstadt Paris demonstrierten mehrere tausend Menschen für die Selbstbestimmung der Frau, forderten mit Slogans wie „Tod dem Dikator“ und „Tod der islamischen Republik“ auch ein Systemwechsel im Iran. In Redebeiträgen und Slogans erklärten sie, wie der Tod einer jungen Frau das Fass zum Überlaufen brachte. Sie riefen „Mahsa Amini – dein Name hat die Tyrannei der Ayatollahs zum Zittern gebracht“. Ayatollah ist der höchste religiöse Titel des zwölferschiitischen Islams. 1970 erschien eine Broschüre unter dem Titel „der islamische Staat“ auf dessen Begründung die Verfassung der diktatorischen Islamischen Republik Iran beruht. Die Ayatollahs sowie die Mullahs (islamische Rechts- und Religionsgelehrte) sind die religiös politischen Herrscher des Irans, die für die Unterdrückung und den Tod von unzähligen Frauen, aber auch von politischen Gegnern und Revolutionären im Iran verantwortlich sind. Sie betonten auch, dass es der erste Protest im Iran ist, bei dem Männer Seite an Seite mit den Frauen gegen das Regime kämpfen. Erst im gemeinsamen Kampf gegen die Unterdrückung kann es zu Veränderungen kommen. Sie kritisierten ebenfalls die Beziehung des französischen Staates mit dem iranischen Regime: „Die französische Regierung flirtet mit den Mullahs, während die Mullahs Frauen töten“ heißt es auf einem Schild mit einer Karikatur, auf dem der französische Staatspräsident E. Macron und der iranische Präsident E. Raisi sich die Hände schütteln.
Türkei
In der Türkei kam es quer durch das ganze Land in mehreren Städten zu Protesten. Unter anderem in der Hauptstadt Ankara, in Istanbul, Diyarbakir, Adana, Balikesir, Bartin, Bursa, Mersin, Samsun, Sinop und Izmir. Neben Iraner:innen aus der Diaspora demonstrierten auch viele türkische und kurdische Frauen. Sie betonten die Wichtigkeit der internationalen Solidarität und riefen Slogans für Selbstbestimmung der Frau und gegen die iranische Regierung. Außerdem solidarisieren sich einige Studierende wie z.B. die der Technischen Universität Istanbul (ITÜ) mit den Protesten im Iran. In Ankara griff die türkische Polizei eine geplante Aktion in Solidarität mit den demonstrierenden im Iran brutal an. Es kam zu drei Verhaftungen und mehreren Verletzten. Die Frauen betonten, dass das Vorgehen des iranischen Regimes, dem der Türkei ähneln. Das Leben der Frauen in der Türkei wird zunehmend eingeschränkt, die Gewalt an Frauen wird vom Staat vertuscht und verstärkt und sogar selbst organisiert. Es kommt immer wieder zu Gewalt gegen Frauen. Seit dem Austritt aus der Istanbuler Konvention stieg die Anzahl an Femiziden. In den Medien wird weiterhin Hass geschürt. Die Demonstrierenden forderten Freiheit im Iran, in der Türkei und überall.
Deutschland
In den vergangenen Tagen kam es in mehreren deutschen Städten zu Protestaktionen. Mehr als zehntausend Menschen gingen auf die Straße und solidarisierten sich mit den Frauen im Iran. An der Demonstration nahmen Menschen aller Geschlechter und aller Altersgruppen teil. Sie forderten ein Ende der Femizide. In Berlin wurde einer Frau aus dem Stadtteil Lichtenberg gedacht, die vor wenigen Tagen von ihrem Partner in Anwesenheit ihrer zwei Töchter ermordet wurde. Überall auf der Welt erfahren Frauen sexistische Gewalt, die oftmals tödlich endet. In Deutschland stirbt jeden dritten Tag eine Frau durch Gewalt, die vom eigenen (Ex-) Partner ausgeht.
Insgesamt demonstrieren in ganz Deutschland nicht nur Iraner:innen aus der Diaspora. Viele feministsiche und revolutionäre Gruppen solidarisieren sich mit der iranischen Bewegung und decken auf, dass das Patriarchat über nationale Grenzen hinaus alle Frauen auf der Welt unterdrückt.
Arabische Länder
In vielen arabischen Ländern zeigten sich Menschen solidarisch mit den Protesten im Iran. Erst vor wenigen Monaten gingen Tausenden Menschen in Jordanien auf die Straße, um zwei jordanischen Frauen zu gedenken, die von ihren Partnern ermordet wurden. Über die sozialen Medien zeigten sie sich solidarisch und forderten ein Ende der Gewalt an Frauen sowohl im Iran als auch anderswo. Im Libanon gingen tausende Frauen auf die Straßen von Beirut und zeigten sich kämpferisch gegen die Unterdrückung der Frauen auf der ganzen Welt.
Es geht um mehr als um das Tragen oder Nicht-Tragen eines Kopftuchs. Die Stimmung der Massen ist kämpferisch – „alles oder nichts“. Die Proteste überall auf der Welt verbinden geschlechterspezifische, nationale und ethnische Kämpfe und zeigen deutlicher denn je, dass die Herrschenden Sexismus und Rassismus bewusst schüren, um die Menschen zu spalten. Jetzt kämpfen Frauen und Männer, Iraner:innen und Kurd:innen Seite an Seite gegen ihre Unterdrücker. Die Geschichte zeigt uns, dass es eine konkrete Perspektive und ein politisches Programm erfordert, damit die Bewegung nicht in den Händen der Falschen kommt. Iran ist ein ressourcenreiches Land und ist deshalb für die imperialistischen Mächte wie die USA von großem Interesse. Spontane Aufstände und explosionsartige Reaktionen der Bevölkerung wurden in Vergangenheit immer militärisch niedergeschlagen. Die westlichen Mächte hingegen können das Vorgehen des iranischen Regimes gegen die Aufstände instrumentalisieren und die Bewegung unterwandern, um ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen.
Große Teile der Wirtschaft des Irans sind in den Händen weniger religiöser und staatlicher Herrscher. Sie sind die Ursache für das Elend der Arbeiter:innen im ganzen Land und für die unzähligen Femizide – durch die Sittenpolizei oder durch die eigenen Partner. Wenn Femizide und die Unterdrückung der Frauen weltweit beendet werden sollen, muss das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem abgeschafft werden, welches von der Unterdrückung profitiert: der Kapitalismus. Die einzige Lösung gegen die patriarchale Gewalt weltweit ist die internationale Solidarität und der gemeinsame Kampf gegen das kapitalistische System, denn das Patriarchat profitiert vom Kapitalismus und andersherum. Iraner:innen in der Diaspora und die internationale Arbeiter:innenbewegung können ihre Rede- und Organisationsfreiheit nutzen, um für eine sozialistische Perspektive im Iran und auf der ganzen Welt zu kämpfen.