Oktober 9, 2024

Niedersachsen will Arbeitszeit auf 12 Stunden erhöhen

Ein Beschluss der Landesregierung Niedersachsen soll das Arbeitsgesetz befristet verändern. Vom 12. Januar bis zum 10. April wird es möglich sein, die zulässige Arbeitszeit auf 60 Stunden pro Woche bzw. 12 Stunden pro Tag zu erhöhen. Dies gilt für Teile der kritischen Infrastruktur, wie Not- und Rettungsdienste, Testzentren und Wasser- und Energieversorgungsbetriebe. Ebenfalls soll es in diesem Zeitraum Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit geben. Im Durchschnitt dürfe die Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden, d.h., die Mehrarbeit müsse ausgeglichen werden. Grund für diesen Beschluss der Landesregierung seien die steigenden Corona-Infektionszahlen, die zu personellen Engpässen führen können.

Die Folgen dieses Beschlusses bedeuten eine noch höhere Belastung für die Arbeiter:innen, speziell in der Pflege. Extreme Belastungen führen zu mehr Ausfällen beim Personal, die dann wieder von den verbliebenen Kolleg:innen aufgefangen werden müssen, was die Situation weiter verschärft. Schon vor der Pandemie waren Pflegekräfte extrem ausgelastet aufgrund von unter anderem Fachkräftemangel oder verkürzten Ruhezeiten. Die Pandemie wurde von Anfang an auf dem Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen und hat ihre Arbeitsbedingungen weiter verschlechtert. Überstunden sind nichts Neues für sie, doch der neue Beschluss verankert es nun auch gesetzlich. Die Landesregierung hoffe jedoch, dass die neue Änderung nur von wenig Unternehmen in Anspruch genommen wird. Angesichts der Arbeitssituation in vielen Bereichen scheint dies jedoch utopisch.

Kritik gegen diese neuen Regelungen gibt es unter anderem von der Gewerkschaft ver.di: „Gerade in der aktuellen Situation bedarf es einer Entlastung der Pflegekräfte und keiner zusätzlichen Belastungen“, so David Martrai, Fachbereichsleiter Gesundheit und soziale Dienste. „Dringend notwendig sind deshalb die Einführung bedarfsgerechter Personalvorgaben, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Getan wurde bislang von der Politik und den Arbeitgebern hier viel zu wenig. Nun stattdessen erneut die Pflegekräfte zu belasten, ist falsch und kurzsichtig.“ 

Die Pandemie hat ein Problem offengelegt, das es schon seit Jahren gibt, und hat es weiter verschärft. Die Lage z.B. im Pflegebereich ist bekannt und wurde während der ersten Welle im Frühjahr 2020 nochmals thematisiert. Anstatt sich auf Eventualitäten vorzubereiten und auf Gewerkschaften und Arbeiter:innen zu hören, wurde von der Politik wenig verändert. Während viel Geld in Unternehmen wie z.B. Lufthansa floss, wurden wenig in Maßnahmen gegen eine weitere Welle investiert oder Teile der kritischen Infrastruktur unterstützt.

Der neue Beschluss der Landesregierung Niedersachsen kann zu steigender Unzufriedenheit unter den Arbeiter:innen führen, die jetzt schon über ihre eigenen Grenzen hinaus arbeiten. Wenn die Ausbeutung der Arbeiter:innen weiter voranschreitet und über Applaus hinaus wenig getan wird, um die Lage zu verbessern, wird diese Unzufriedenheit und miserable Lage in Zukunft wohlmöglich große Proteste auslösen.

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