März 28, 2024

Pinkwashing – Wie der Kapitalismus LGBTQ ausnutzt

Der Begriff „Pinkwashing“ kommt ursprünglich aus den USA und wurde ab den frühen 2000ern geprägt. Als eine Kosmetikfirma ihre Produkte mit rosa Schleifen ergänzte, um auf Brustkrebs aufmerksam zu machen, prangerten Kritiker:innen der Breast Cancer Action dies als Marketing-Strategie an, da die Produkte des Unternehmens im Verdacht standen, eben diesen Krebs auszulösen.

Heute sehen wir dies bei Unternehmen besonders im Juni während des „Pride-Month“. In diesem Monat soll auf LGBTQ aufmerksam gemacht werden sowie auf die Missstände und die tägliche Diskriminierung, die die Betroffenen erfahren müssen. Viele Menschen zeigen sich deshalb solidarisch gegen Homo-, Trans-, und Queerphobie und demonstrieren für mehr LGBTQ-Rechte. Aber wie bei so vielen wichtigen Themen wissen auch hier die Konzerne, wie sie daraus Gewinn schlagen können. Sie ergänzen ihre Logos mit Regenbogenflaggen oder starten fragwürdige Kampagnen, wie beispielsweise Burger King, was einen „Pride-Whopper“ auf den Markt brachte, der statt Ober- und Unterhälfte mit den gleichen Brothälften ausgestattet war. Von vielen wurde diese Aktion aber lediglich als „peinlich“ eingestuft.

Die „Solidarität“ der Großkonzerne mit LGBTQ soll die Betriebe als weltoffen und fortschrittlich darstellen, wobei es hier nur um oberflächliche Werbekampagnen geht. Eine aktive Unterstützung der Konzerne bleibt aber meistens aus oder das Verhalten im Betrieb steht sogar völlig im Widerspruch zu den leeren Versprechen der Unternehmen.
Ein beispielhaftes Verhalten für Pinkwashing liefert uns auch BMW, was letztes Jahr nämlich sein Logo mit einer Regenbogenflagge ergänzte. Allerdings tat es dies nicht in Ländern, in denen Homosexualität verachtet wird oder sogar unter Strafe steht, wobei es in diesen Ländern besonders wichtig wäre, für dieses Thema zu sensibilisieren. Ähnlich sieht es auch bei Daimler aus. Auch dieses Unternehmen nutzte die Regenbogenflagge nur in Ländern, in denen Homosexualität nicht unter Strafe steht. Besonders scharf verurteilt wurde der Konzern, da er Militärfahrzeuge an Länder lieferte, die wegen Menschenrechtsverletzung in der Kritik stehen und in denen auch Homosexualität bestraft wird

Die Scheinheiligkeit eines Unternehmens lässt sich auch an den Auswirkungen auf die Belegschaft erkennen. Wie geht das Unternehmen mit sexueller Diskriminierung um? Herrscht ein Arbeitsklima, bei dem sich jede:r wohl fühlt? Viele Unternehmen sind weit davon entfernt. Eine Studie des DIW Berlin verdeutlicht, dass sich ein Drittel der LGBTQ-Personen aus Angst vor Diskriminierung nicht vor ihren Mitarbeiter:innen outen wollen.

Aber auch beim Konflikt zwischen Israel und Palästina fällt der Begriff „Pinkwashing“. Einige Kritiker:innen werfen Israel vor, sich mit falscher Toleranz zu schmücken, um Menschen in Palästina als besonders rückständig darzustellen und vor allem um die Menschenrechtsverletzungen im Land zu vertuschen. Zusätzlich diene es dazu, um ein stärkeres Ansehen im Propagandakrieg zu erhalten. Diese Kritik wurde bereits im Jahr 2012 geäußert, als das israelische Militär anlässlich des Pride-Month ein Foto von zwei händchenhaltenden Soldaten gepostet hatte, um Toleranz innerhalb der IDF (israelische Armee) zu symbolisieren.
Die Gruppe „Palestinian Queers for BDS“ rief aus einer queeren Perspektive zur Solidarität mit Palästina auf. Dies begründeten sie damit, dass sexuelle Befreiung mit dem Kampf gegen die Unterdrückung einhergeht. Queers, die sich mit Israel solidarisieren, würden auf die PR-Kampagne des Staates reinfallen und das rassistische Vorurteil der „homophoben Muslime“ unterstützen. 

Es lässt sich feststellen, dass die Herrschenden stets versuchen, den Kampf gegen Diskriminierung und für Repräsentanz ins kapitalistische System einzugliedern. Solange die Kritik dem System nicht gefährlich wird, wird sie im Gegenteil sogar zu einem Vorteil verwandelt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Praxis in Form von sogenannter Identitätspolitik stattfindet, in der sich der Protest nicht in einem revolutionären Kampf gegen die Klassengesellschaft, sondern lediglich in einem Lebensstil äußert.

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