September 8, 2024

Premierministerin geflohen – Was erwartet Bangladesch nun?

Die Massenproteste in Bangladesch scheinen gebändigt worden zu sein. Wochenlang sind die Massen, die zu wichtigen Teilen aus Student:innen bestanden, trotz aller Hindernisse und Repressionen nicht von den Straßen gewichen. Es hatte angefangen mit dem Kampf gegen die Wiedereinführung des Quotensystems und wurde zu einem politischen Kampf gegen die herrschende Politik im Allgemeinen. Der Höhepunkt wurde erreicht, als der Regierungspalast in der Hauptstadt Dhaka gestürmt wurde, sodass die seit 15 Jahren amtierende Premierministerin Sheikh Hasina mit einem Helikopter nach Indien fliehen musste.

Die Regierung Hasinas war mit aller Härte gegen die Protestierenden vorgegangen, um die Aufstände brutal niederzuschlagen. Von Ausnahmezuständen und massiver Polizeigewalt bis zu Internetsperren standen jegliche Repressionen auf der Tagesordnung. In den letzten drei Wochen wurden so mehr als 300 Menschen während der Proteste in Bangladesch getötet und etwa 10.000 Menschen festgenommen. Die Protestierenden wurden schließlich infolge ihres „Sieges“, den sie am besetzten Palast feierten, von herrschenden Politikern und dem Militär eingeladen, um über die Zukunft des Landes zu sprechen.

Als Ergebnis der Gespräche zwischen Präsident Mohammed Shahabuddin, hohen Armeeoffizieren und den führenden Köpfen der Proteste wurde an diesem Dienstag der Nobelpreisträger Muhammad Yunus zum neuen Chef der Übergangsregierung ernannt. Yunus zeigte sich begeistert vom Erfolg der Proteste, zollte den über 300 Getöteten Respekt und sprach von Freiheit, die „jedes Haus in Bangladesch“ erreichen müsse. Was bei den Massen aktuell sympathisch ankommt, wird jedoch früher oder später der Empörung über die nackten Tatsachen weichen, denn auch neue Köpfe in der Regierung werden sich der starken Ausbeutung und Unterdrückung im Land Bangladesch nicht in den Weg stellen.

Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass die Massen einen großen Schritt vorwärts gemacht haben, denn sie haben erneut gelernt, dass Veränderung erkämpft werden kann und auch muss. Daher ist für die nächsten Zeiten zu erwarten, dass die neue Regierung dieses neue Selbstbewusstsein der Massen bei ihrer Politik berücksichtigen und bei sozialen Angriffen bedachter rangehen wird. Dass jedoch der nächste Massenprotest ausbrechen wird, ist nur eine Frage der Zeit in einem von Ausbeutung und Unterdrückung geprägten Land, in dem auch der kleinste Angriff auf die demokratischen Rechte ein großes Feuer entfachen kann. Somit gilt es für die Massen der Ausgebeuteten und Unterdrückten die nächste Bewusstseinsstufe zu erreichen und die historische Lehre zu verinnerlichen, dass radikale Veränderung nicht mit einem Regierungswechsel, sondern einzig allein durch eine von der organisierten Arbeiter:innenklasse erkämpfte Umwälzung des gesamten kapitalistischen Systems verwirklicht werden kann.