April 25, 2024

Putsch in Peru

Ein politisches Chaos hat sich in Peru abgespielt. Präsident Castillo, welcher im Juni 2021 von der Mehrheit der peruanischen Bevölkerung gewählt worden war, wurde von der Polizei verhaftet und vom Parlament abgesetzt. Wie schon so oft in der Geschichte Lateinamerikas, war auch Castillo aufgrund seiner sozialdemokratischen Linie, die die neoliberale Politik zu dämpfen versuchte, ins Visier der USA und der rechten Kräfte im Land geraten. Er war der erste linke und indigene Präsident des Landes.

Dieses jüngste Ereignis reiht sich ein in eine neue Serie von Putschen in Lateinamerika im Interesse der USA. Nach dem Putschversuch im Jahr 2002 in Venezuela, 2009 in Honduras, 2012 in Paraguay, 2016 in Brasilien und 2019 in Bolivien folgte nun Peru. Unterstützt durch die Vereinigten Staaten versuchten die rechten Kräfte, die die Mehrheit im Kongress bilden, bereits zweimal, Pedro Castillo abzusetzen. Am 07.12.22, kurz vor seinem dritten Amtsenthebungsverfahren, erklärte er schließlich, er werde das Parlament auflösen. Diese Maßnahme scheiterte jedoch, denn der staatliche Militärapparat kooperierte mit den rechten Kräften. Statt den Putsch zu verhindern, wurde Castillo während seiner Flucht nach Mexiko verhaftet.

Wie es die Verfassung des Landes vorsieht, wurde die bisherige Vizepräsidentin seine Nachfolgerin. Der Konflikt zwischen dem Parlament und der Regierung rund um Castillo hatte sich schon für eine längere Zeit hochgeschaukelt. Außerdem hatte er eine Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 4 Uhr ausgerufen sowie für eine Reform des Justizwesens plädiert. Die Opposition und die Vizepräsidentin verurteilten dies als Staatsstreich. Diverse Minister der Regierung traten zurück. Spricht also alles gegen Castillo?

Was verbirgt sich hinter dem Machtkampf zwischen Parlament und Regierung? Pedro Castillo, der ehemalige Dorflehrer und linke Gewerkschaftsführer, gewann bei den Wahlen 2021 knapp gegen Fujimori, die Tochter des ehemaligen rechten Diktators des Landes, die viel Einfluss auf die medialen und politischen Kräfte des Landes hat. Seit Beginn seiner Amtszeit hat er mit Korruptionsskandalen in den eigenen Reihen zu kämpfen gehabt. Expert:innen sprechen hier von Lawfare, einer medialen und gerichtlichen Manipulation gegen den Präsidenten. Diese Praktik ist kein Einzelfall in Südamerika. Sie wurde schon oft, wie beispielsweise in Bolivien oder Argentinien, gegen unliebsame linke Politiker:innen angewendet. So wurden sowohl Castillo als auch andere wichtige Mitglieder der führenden Partei Peru Libre medial mit Tieren wie Esel verglichen und gleichzeitig wurde die Justiz bis zum Äußersten gebogen, um eine juristische Verfolgung zu ermöglichen.

Doch die peruanische Bevölkerung möchte Castillos Absetzung nicht hinnehmen. Im ganzen Land kam es zu militanten Demonstrationen. Der landesweite Ausnahmezustand wurde verhängt. Mit starker Polizeipräsenz und durch Unterstützung der Streitkräfte sowie durch Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit sollen die Proteste bekämpft werden. Neben der Hauptstadt Lima konzentrieren sich die Proteste vor allem auf den Süden und Südosten des Landes, wo Castillo in den ländlichen Gebieten besonders viele Anhänger:innen hat. Es sind vor allem die indigenen Bewohner:innen der Andenregionen, die ihre Hoffnung auf Castillo setzen und ihn als Heilsbringer gegen die “weiße Elite” sehen. Es gibt Straßenblockaden und in einigen Wirtschaftssektoren ist der Betrieb zum Stillstand gekommen. In Cusco wurde der Generalstreik ausgerufen, in Arequipa der Flughafen von Demonstrant:innen besetzt. Viele sehen einen Putsch von Rechts. Die Protestierenden fordern die Auflösung des Kongresses und den Rücktritt der Präsidentin. Außerdem soll die Verfassung, die unter der Fujimori-Diktatur geschaffen wurde, endlich geändert werden. Das Parlament soll laut Umfragen nur rund 20% der Bevölkerung hinter sich haben.

Inzwischen beträgt die Zahl der bei den Zusammenstößen getöteten 21. Über 500 Menschen wurden verletzt und über 150 in Untersuchungshaft genommen. Andere amerikanische Staaten wie Kolumbien, Bolivien, Argentinien oder Mexiko hatten sich für Castillo ausgesprochen. Für den internationalen Markt bedeutet dies auch ein Bangen. Peru ist der größte Produzent von Kupfer in der Welt. Die bestreikten Minen könnten international eine Auswirkung auf die Kupferpreise haben. Umso wichtiger ist die Rolle der kämpfenden Arbeiter:innen, die durch ihre Streiks nicht nur die peruanische Unternehmer:innenklasse, sondern auch den US-Imperialismus ins Zittern bringen.