Seit Dienstag, den 16.11.2021 befinden sich die Arbeiter:innen der Metallindustrie in der spanischen Stadt Cádiz und dem Nachbarort Puerto Real bis auf unbestimmte Zeit im Streik. Der Aufruf der Gewerkschaften dazu richtet sich an ca. 20.000 Beschäftige in der Region, nachdem langwierige Verhandlungen und vorangegangene kurze, friedliche Streiks keine Lösungen erzielten. Anders als zuvor gehen die Streikenden diesmal kompromisslos und kämpferisch vor. Seit Dienstag Mitternacht legten sie nicht nur die Lohnarbeit nieder, sondern errichteten an den Zugängen zu zentralen Produktionsstätten und Industriehäfen Barrikaden. Die Polizei reagierte prompt mit dem Einsatz bereits vorher aus anderen Regionen zusammengezogener Spezialeinheiten. Ganz im Sinne der Arbeitgeberverbände versuchten sie, den Protest bereits in der ersten Nacht im Keim zu ersticken. Dabei gingen sie mit äußerst brutaler Repression vor, auf Steinwürfe und brennendes Sperrholz folgten Gummigeschosse und Tränengas.
Der Widerstand konnte aber bisher nicht gebrochen werden. Entschlossen und militant setzen sich die Arbeiter:innen aktuell zur Wehr und haben sogar seitdem die Fernverkehrsstraße und Bahnstrecke in Cádiz besetzt. Die industriellen Gebiete sind größtenteils in ihrer Hand, wenn sie sich auch immer mehr in einer Art Belagerungszustand durch schwer bewaffnete Polizeikräfte befinden, die nicht zögern, das Feuer auf Menschengruppen auch ohne Provokation zu eröffnen. Angaben über Verletzte kommen bisher nur von der Polizei, und das auf ihre eigenen Reihen bezogen. Bis auf regionale und linke Medien in Spanien finden diese Ereignisse in der Berichterstattung bisher kaum Beachtung.
Die Streikenden treiben nicht nur die Debatten um marginale Lohnerhöhungen, wie sie die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände rechtlich führen: In der Provinz Cádiz herrscht eine Arbeitslosenquote von fast 30 Prozent, viele Menschen können sich auch durch Lohnarbeit nur ein Leben am Existenzminimum finanzieren. Wie überall hat auch hier die Coronakrise diese Lage vor allem für diese Teile der Bevölkerung stark erschwert. Die Metallindustrie stellt einen der größten regionalen Arbeitgeber dar. Nun will der internationale Riesenkonzern Airbus seine Fertigungsanlage in Puerto Real in eine für sie lohnendere Stadt umlegen. Gegen die Schließung formiert sich seit dem Sommer ein breiter Widerstand. Die Begründung: Verluste durch die Coronakrise. Und das, obwohl der Konzern (im Gegensatz zu z.B. Boeing) mittlerweile wieder Gewinne verzeichnen kann.
Die Lohnerhöhungen von gerade mal 0,5 Prozent, die der Arbeitgeberverband „Femca“ vorschlägt, kann also nur wie blanker Hohn erscheinen. Sie stellen die legitimen und verzweifelten Proteste als simple Akte des „Vandalismus“ dar. Sie beklatschen die einrückenden und brutal agierenden Spezialeinheiten. All dies passiert unter den Augen der sozialdemokratischen spanischen Zentralregierung von Pedro Sánchez, dessen Partei sich als „sozialistisch“ bezeichnet und vor der Wahl falsche Versprechen gab, die Lage der Arbeiter:innenklasse zu verbessern. Diese Dynamiken lassen sich aktuell fast überall erkennen, auch in Deutschland.
Die Arbeiter:innen von Cádiz und Puerto Real haben gezeigt, dass als letztes legitimes Mittel nur die Militanz genügt, um Kapital, Staat und Polizei die Stirn zu bieten.