April 27, 2024

Der Nakba-Tag am 15. Mai

Der 15. Mai 1948, auch bekannt als Al Nakba“ (auf deutsch: Katastrophe/Unglück), erinnert an die Flucht und Vertreibung hunterttausender Palästinenser:innen aus ihrer Heimat. In Berlin werden aktuell jegliche Demonstrationen zu diesem Thema unter dem Vorwand des „Antisemitismus“ von der Polizei verboten und somit Grundrechte genommen. 

Am 14. Mai 1948 zog sich Großbritannien aus dem historischen Palästina zurück, was es seit dem Ende des Ersten Weltkriegs beherrschte. Für britische Kolonialherren waren die osmanischen Länder schon immer interessant gewesen, denn um über das Mittelmeer nach Indien zu gelangen, mussten einige dieser Länder besetzt werden. Nach dem Zerfall des osmanischen Reiches begann die britisch-französische Kolonialisierung im Nahen Osten. Es ist kein Zufall, dass am selben Tag des britischen Abzugs aus Palästina auch die Gründung des Staates Israel verkündet wurde. Ziel des britischen Imperialismus war es, mit dem von ihm abhängigen zionistischen Staat den Nahen Osten zu dominieren.

Der Zionismus als Ideologie existierte lange vor der Gründung Israels und war ursprünglich nicht auf Palästina als einzig mögliches „gelobtes Land“ fokussiert. Auf dem ersten zionistischen Weltkongress 1887 wurden unter anderem auch Südamerika und Afrika als mögliche Orte für einen jüdischen Staat vorgeschlagen. Erst seitdem der osmanische Sultan und später die Briten die Einwanderung von jüdischen Menschen nach Palästina befürworteten, warben zionistische Gruppen für die Einwanderung. Diese Einwanderung nahm vor allem zu, als in den 30ern und 40ern viele jüdischen Menschen aus Europa von den Nazis flohen. Dadurch stieg die jüdische Bevölkerung von 83.000 im Jahr 1922 auf 554.000 im Jahr 1945 an. Dennoch war die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas arabisch; insgesamt waren es 1.250.000 Araber:innen

Auch das Land gehörte mit 93,4 Prozent im Jahr 1946 zum Großteil der arabischen Bevölkerung. Nur wenige, meistens reiche Menschen aus Europa und Beirut, verkauften ihr Land an jüdische Einwanderer:innen. Damit entspricht die Behauptung, die Palästinenser:innen hätten das Land selber verkauft, nicht der Wahrheit. Der Unwille zum Verkauf von Land war sogar so groß, dass sich  1920 die zionistische Terrororganisation Hagana gründete, deren Ziel es war, Araber:innen mit Gewalt von ihrem Land zu vertreiben. Später gründeten sich weitere solche Gruppen wie Lechi und Irgun. Diese Terrororganisationen verübten viele Massaker während der Gründung Israels, so auch das Massaker im Dorf Deir Yassin, wo sie 254 Menschen grausam ermordeten. Viele Mitglieder dieser Gruppen hatten später hohe Postionen bis hin zum Premierminister Israels und bildeten den Kern der israelischen Armee. Diese Maßnahmen unterstützten den Plan für die Schaffung eines jüdischen Staates in Palästina, der von Anfang an auch die Vertreibung der arabischen Bevölkerung vorsah, um eine jüdische Bevölkerungsmehrheit künstlich herzustellen.

Als die Vereinten Nationen 1947 die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina beschlossen und bei der Aufteilung des Landes entschieden, dass der zionistische Staat 56,4 Prozent des Landes bekommen sollte, begann die Nakba. Die Palästinenser lehnten die Aufteilung verständlicherweise ab, denn während es etwa 608.000 jüdische Bürger:innen gab, waren es mit 1 Million 364.000 mehr als doppelt so viele Araber:innen. Zudem besaßen die Zionisten bis zu dem Zeitpunkt gerade mal 6,6 Prozent des Landes. Die Ablehnung dieser Aufteilung griff das Fundament des zukünftigen Staates Israel an. Um das Land zu übernehmen, das ihnen zwar rechtlich nicht gehörte, aber von der UN zugesprochen wurde – wurden von 1947-1949 über 700.000 Araber:innen gewaltsam vertrieben und schlussendlich nicht nur 56,4, sondern über 70 Prozent des Landes von Israel eingenommen.

Die Nakba ist dabei nicht nur ein historisches Ereignis, sondern ein bis heute andauernder Prozess. Die Belagerung und Bombardierung Gazas, die illegalen Siedlungen und Check Points in der Westbank sowie die ethnischen Säuberungen in OstJerusalem sind alle Teil einer bis heute vom zionistischen Staat fortgeführten Politik der Expansion und Kolonialisierung. Auch wird den 1948 geflohenen Palästinenser:innen und ihren Nachkommen bis heute die Rückkehr in ihr Land verweigert. Das Recht der Vertriebenen auf Rückkehr bleibt eine Kernforderung des palästinensischen Widerstandes. Wie schon viele Menschenrechtsorganisationen dargelegt haben, ist Israel heute das einzige Land auf der Erde, in dem noch Apartheid herrscht. Somit spiegelt das bewusste Verbot von Veranstaltungen, die im Rahmen des Nakba-Tags an die jahrzehntelange Unterdrückung und Ermordung der Palästinenser:innen erinnern, wieder einmal die Mittäterschaft des deutschen Staates wider. Die palästinensiche Gemeinschaft und solidarische Verbündete bringen jedoch zum Ausdruck, dass sie diese Willkür nicht hinnehmen werden.

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