April 26, 2024

Der palästinensische Widerstand – 08. Dezember 1987: Erste Intifada

Am 8. Dezember 1987 kam es im palästinensischen Flüchtlingslager Dschabaliya, im nördlichen Ende des Gaza-Streifens, zu massiven Aufständen. Die Erste Intifada, arabisch für „Aufstand“, war der bewaffnete Widerstandskampf des palästinensischen Volkes gegen die Besatzung Palästinas, der sechs Jahre später im Jahr 1993 mit dem sogenannten Osloer Friedensabkommen endete.

Auslöser der Ersten Intifada war der Mord an vier jungen Palästinensern, als zionistische Siedler mit einem Militärwagen Autos mit palästinensischen Arbeitern überfuhren. Tausende Palästinenser:innen gingen aus Protest auf die Straße und erhoben sich gegen die anhaltende Brutalität des israelischen Staates. In dieser Zeit war etwa die Hälfte der Palästinenser:innen jünger als 15 Jahre alt, 70 Prozent unter 30 Jahren. Am nächsten Tag, dem 09. Dezember 1987, stellten sich die palästinensischen Jugendlichen des Flüchtlingslagers Dschabaliya den Besatzungstruppen. Erstmals bewaffnete sich das unterdrückte palästinensische Volk mit Steinen und eröffnete damit ein neues Kapitel des Widerstandskampfes für die Befreiung und Selbstbestimmung der Palästinenser:innen.

Die Intifada breitete sich von Gaza auf das Westjordanland aus und später auf alle Gebiete des historischen Palästinas. In den folgenden sechs Jahren, von 1987 bis 1993, wurde die Erste Intifada von den palästinensischen Massen angeführt. Neben den Protesten auf den Straßen kam es auch zur Bildung lokaler Komitees, die Bildungsmöglichkeiten organisierten, wenn die Schulen geschlossen wurden. Es kam zu Generalstreiks in israelischen Siedlungsgebieten, israelische Waren und die Steuerzahlung an die Besatzung wurden boykottiert. Vor allem Frauenorganisationen, Jugend- und Student:innenorganisationen und Gewerkschaften übernahmen in diesen Komitees eine führende Rolle. 

Der israelische Staat versuchte zunächst die Streiks gewaltsam zu brechen. Die israelische Armee beseitigte gewaltsam die durch Vorhängeschlösse, Gitter und Klappläden verschlossenen Geschäfte. Dadurch sollte das Bild der ausgestorbenen Geschäftsstraßen beseitigt werden. Der damalige israelische Verteidigungsminister Jitzchak Rabin rief die israelischen Streitkräfte (IDF) dazu auf, mit „Macht, Kraft und Prügel“ die Proteste zu unterbinden und die herrschende Ordnung wiederherzustellen. 

Protestierenden, die Steine warfen, wurden Arme und Beine gebrochen. 1990 veröffentlichte die Hilfsorganisation „Save the Children“ einen Bericht, demzufolge mehr als 23.000 Kinder wegen Verletzungen durch Schlagstöcke medizinische Versorgung benötigten. 30% dieser Kinder waren unter 10 Jahre alt, 20% waren jünger als 5 Jahre alt. 106 Kinder wurden erschossen. 

Oliven- und Obstbäume, die für das palästinensische Volk eine finanzielle Haupteinnahmequelle sind, wurden von den israelischen Behörden niedergebrannt. Die Besatzung führte ein Magnetkarten- und Genehmigungssystem für jeden ein, der die 1948 besetzten Gebiete betreten wollte. Die Genehmigungen benötigten nur Arbeiter:innen, die sich der Besatzung widersetzten. Das führte dazu, dass Tausenden von Arbeiter:innen die Einkünfte gestrichen wurden. Vor der Besatzung waren etwa 420.000 Arbeiter:innen im besetzten Gebiet werktätig. Nach der Ersten Intifada ging die Zahl auf wenige Tausend zurück und die Besatzung ersetzte die Palästinenser:innen mit ausländischen Arbeiter:innen. 

Im September 1988 wurden Gummigeschosse eingeführt. Es wurden lang andauernde Ausgangssperren verordnet und zeitgleich Strom und Wasser abgeschaltet. Die Angehörigen von Ermordeten durften nicht angemessen trauern. Sie mussten Begräbnisse in der Nacht und „ohne Aufsehen“ durchführen. Siedler, die mit Steinen beworfen wurden, schossen zurück und führten teilweise Racheaktionen durch. Die israelische Besatzungsarmee zerstörte Häuser und machte damit bis Ende 1991 mehr als 2000 Palästinenser:innen obdachlos. 50 % der palästinensischen Arbeiter:innen wurden zu Verwaltungshäftlingen. 1162 Palästinenser:innen wurden durch Streitkräfte ermordet, weitere 1000 durch israelische Siedlerkolonialisten. Etwa 45 % der Gefallenen waren Arbeitende sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen.

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