April 26, 2024

Ermordung von 37 Geflüchteten an der EU-Außengrenze

Vergangenes Wochenende wurden 37 Flüchtende in Melilla von der marokkanischen Gendarmerie und spanischen Polizei ermordet und mehr als 150 schwer verletzt. Diese hatten versucht, den Grenzzaun zwischen Marokko und der spanischen Exklave Melilla zu überwinden. Damit handelt es sich um die bisher höchste Anzahl an Toten an einem Tag an der europäisch-afrikanischen Landesgrenze. Menschenrechtsorganisationen berichten von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, wohingegen die Regierungen Spaniens und Marokkos von einem „erfolgreichen Wochenende“ sprechen. 

Der spanische Regierungspräsident Sanchez dankte Brüssel für die „außerordentliche Zusammenarbeit“ mit Marokko. Er beglückwünschte die Polizei des Regimes von Mohammed VI. und betonte, dass die marokkanische Gendarmerie mit vollem Einsatz versucht habe, diesen „gewalttätigen Angriff der Flüchtlinge zu verhindern“ und dass die Situation von den spanischen und marrokanischen Sicherheitskräften „gut gelöst worden sei“.

Immer wieder werden Geflüchtete in Melilla und Ceuta Opfer der brutalen Vorgehensweise der marokkanischen und spanischen Grenzpolizei. Diese ist das Resultat der Zusammenarbeit des Regimes Mohammed VI. und der spanischen Regierung von PSOE und Unidas Podemos. Das marokkanische Regime fungiert als Wächter der Südgrenze der EU, während der spanische Staat im Gegenzug dessen illegale Besetzung der Westsahara toleriert und anerkennt. Diese illegale Besetzung ist einer der letzten afrikanischen Kolonialkonflikte und mehr als 100.000 sahrouische Geflüchtete warten seit 1975 auf eine Lösung des Problems in der Westsahara. Aufgrund ihrer Vorteile durch Marokkos Wächter-Funktion bevorzugt es die EU, den Konflikt als „interne Angelegenheiten Marokkos“ zu betrachten und über die Menschenrechtsverletzungen hinwegzusehen. 

In der Ceuta-Krise vor etwa einem Jahr wurde der Diskurs gegen Marokko, das seinen Bürger:innen den Grenzübertritt erlaubte, von der spanischen rechtsradikalen Partei VOX als auch von der aktuell mitregierenden Partei Unidad Podemos aufgegriffen. Sie alle forderten die Wiederaufnahme einer engeren Zusammenarbeit zwischen Spanien und Marokko in Bezug auf die Migrationspolitik. Eine engere Zusammenarbeit der beiden Regime hat eine systematische Verletzung der Menschenrechte zur Folge, da es den Bürger:innen Marokkos und auch anderen Nationalitäten dadurch verboten ist, das Grenzgebiet zu verlassen. Die Folgen dieser Verhandlungen sehen wir heute durch steigende Todeszahlen und Dutzende Schwerverletzte an der Grenze.

Verschiedenen Quellen zufolge haben an diesem Wochenende Tausende von Menschen versucht, den Zaun zwischen Marokko und Melilla zu überwinden. Viele von ihnen kamen aus dem Tschad, Niger, Sudan und Südsudan und seien laut UNHCR potenzielle Asylbewerber. Wie Videos der marokkanischen Vereinigung für Menschenrechte belegen, waren die Geflüchteten in Menschenmengen auf dem Boden zusammengepfercht und wurden regelrecht zerdrückt. Dabei waren sie von der marokkanischen Polizei umstellt und brutaler Polizeigewalt ausgesetzt. Die Tageszeitung „Publico“ berichtete am Freitagnachmittag von regelrechten Schlägereien zwischen den oft ausgehungerten Geflüchteten und der bewaffneten Polizei auf marrokanischer Seite. Des Weiteren führten die spanischen und marokkanischen Repressionskräfte eine gemeinsame Aktion durch, bei der Tränengas und Sprengladungen gegen die Menschenmengen auf beiden Seiten der Zäune eingesetzt wurden.

Die Menschenrechtsorganisation IRDIA prangerte auch die Anwesenheit von Militärpanzern auf der spanischen Seite des Zauns an. „Zwei Armeeeinheiten wurden ebenfalls in der Nähe des Zauns gesichtet. Wir erinnern daran, dass die Armee nicht befugt ist, bei einem Sprung über den Zaun einzugreifen. Die Präsenz der Armee bei dieser Art von Operationen kann nicht normalisiert werden“. Um einen militärischen Einsatz in Zukunft zu legitimieren, fordert Spanien nun beim NATO-Gipfel-Treffen die Einstufung der ungeregelten Aufnahme von Geflüchteten als „hybride Bedrohung“, sodass militärisch sowie auf NATO Ebene gegen Geflüchtete vorgegangen werden kann. 

Erneut zeigt sich die Antwort der westlichen Welt auf Menschen, die vor Krieg, Armut und Hunger fliehen, für welche insbesondere das imperialistisch-kapitalistische System der EU mit seiner Ausbeutung und (neo)kolonialen Weltpolitik verantwortlich ist. Dass Migration ein Menschenrecht ist, scheint in der Agenda der als „Hort der Demokratie“ dargestellten EU keinen Platz zu finden.

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