Mai 4, 2024

Mord an Armita Garawand – Iranische Sittenpolizei tötet 16-jährige Schülerin

Es ist gerade ein Jahr her, seitdem die Ermordung von der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei weltweit zu einem Aufschrei gesorgt hat. Es kam zu Massendemonstrationen im Iran. Die Regierung zitterte und viele sahen schon ihren Fall. Zuletzt schien sich die Situation zu beruhigen. Doch Anfang Oktober 2023 kam es zum nächsten Fall; dieses Mal in einer U-Bahn in der Hauptstadt Teheran. Wieder traf es eine junge Frau: Armita Garawand. Sie wurde von einer Sittenwächterin angegriffen, da sie kein Kopftuch getragen hatte.

Nach dem Angriff lag sie lange im Koma in einem stark militarisierten Krankenhaus in Teheran. Schließlich verstarb sie am 27. Oktober, nachdem sie wenige Tage zuvor für hirntot erklärt worden war. Journalist:innen wurde der Zutritt zum Krankenhaus verweigert, Meldungen über ihren Zustand gab es kaum. Auch die Meldung über ihren Tod schien lange verschleiert worden zu sein. Anders als bei der Ermordung von Amini im Herbst 2022 wollte man dieses Mal einen öffentlichen Aufschrei vermeiden. 

Journalist:innen wurden unter Druck gesetzt und die Eltern des Opfers bedroht. Die in Norwegen ansässige kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw berichtete, dass die Eltern und Mitschüler:innen von Garawand unter Druck gesetzt wurden, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Dennoch kam es zu politischen Reaktionen. In den Straßen Teherans waren in den letzten Wochen Banner mit dem Gesicht der jungen Schülerin zu sehen. Am Tatort, in der U-Bahnstation am Shohada-Platz, wurde für die in ihrer Freizeit leidenschaftlich malende 16-Jährige ein Kunstgemälde installiert. An zahlreichen Wänden ist ihr Name als Hashtag gemalt. Die Mutter der Verstorbenen, Schahin Ahmadi, wurde währenddessen von der Regierung festgenommen, weil sie sich über die begrenzten Besuchszeiten im Krankenhaus beschwert hatte. 

Bei der anschließenden Bestattung der 16-Jährigen kam es zur nächsten Intervention seitens der Regierungsbehörden. Die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh sei dabei brutal geschlagen und mit zahlreichen weiteren Teilnehmer:innen festgenommen worden. Sie soll laut den Staatsbehörden gegen die Kopftuchvorschrift verstoßen und der „geistigen Sicherheit der Gesellschaft geschadet haben. 

Solidaritätsbekundungen kommen ausgerechnet von Annalena Baerbock, welche hervorhob, dass Armita Garawand als Kind noch ein ganzes Leben vor sich hatte. Zynisch, wenn man bedenkt, dass Baerbock auf den Mord von mehr als 3.000 Kindern im Gazastreifen, die ebenfalls ein ganzes Leben vor sich hatten, nicht einmal mit einer Forderung nach einem Waffenstillstand und Frieden reagiert. Hier wird ein weiteres Mal deutlich, dass bürgerliche Politiker:innen lediglich nach ihren imperialistischen Interessen handeln und nur dementsprechend Stellung beziehen. Der Iran gehört zum feindlichen Lager, also werden die Opposition und der Widerstand im Volk begrüßt. Israel gehört zum eigenen imperialistischen Lager, also wird es bedingungslos gegen alles und jeden verteidigt.

Zwischen Garawands und Aminis Ermordung werden Parallelen gezogen, doch eine weitere Widerstandswelle wurde derzeit noch nicht ausgelöst. Es ist jedoch mehr als wahrscheinlich, dass in naher Zukunft ein weiterer Funke dazu führen kann, denn sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Widersprüche im Iran befinden sich auf einem historischen Höhepunkt.