Oktober 9, 2024

Oury Jalloh- Von Polizei ermordet und vom Staat vertuscht

2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers. Der aus Sierra Leone stammende Mann habe Widerstand gegen die Polizei geleistet, wurde in Gewahrsam genommen und in der Tatnacht an seine Matratze fixiert. Aus unerklärlichen Gründen wurde zudem das Tatortvideo der Polizei abgebrochen und war unvollständig. 2008 wurden die beiden angeklagten Polizisten vom Landgericht Dessau freigesprochen. Aufgrund der zahlreichen Proteste und dem Widerstand der Menschen wurde schließlich 2012 durch den Bundesgerichtshof entschieden, dass der Fall neu aufgerollt wird und ein zweiter Prozess stattfindet

Der zuständige Dienstgruppenleiter der Polizei gibt in diesem Prozess zu, dass der Alarm im Revier mehrmals anging und er diesen mindestens einmal ausschaltete. Das Landgericht Magdeburg verurteilte die Polizisten dennoch lediglich zu einer Geldstrafe. Die Schuld an Oury Jallohs Tod wurde mit Unterbesetzung und technischen Unzulänglichkeiten begründet. Bereits 2013 stellte ein irischer Brandverständiger fest, dass ein Brandbeschleuniger hätte eingesetzt werden müssen, um diesen Brand in Gang zu setzen. Entgegen diesem Gutachten wurde das Urteil im Jahr 2013 rechtskräftig.

Trotz großer Proteste und einer erneuten Ermittlung im Jahr 2017, hielt das Gericht die Tatsachen für unzureichend. Der Druck und die offenen Fragen häuften sich, da aus den Ermittlungsakten hervorging, dass die Polizei mit dem Brand versucht haben könnte , die vorherigen Verletzungen an Oury Jallohs Körper zu vertuschen. Immer wieder sah das Gericht die Vorwürfe als unzureichend an und wies die Anklagen zurück. Durch Initiativen und Aktivist:innen wurde weiterhin versucht den Fall aufzuklären, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Doch trotz zahlreicher Aufdeckungen und schwerwiegender Vorwürfe gegenüber der Polizei durch die Medien, verweigerten der beteiligte Richter und die Staatanwälte die Befragungen zu diesem Fall. In den kommenden Jahren wurde zudem festgestellt, dass Oury Jalloh bereits vor seinem Tod heftige körperliche Misshandlungen hinnehmen musste.

Erst am 3. November 2021 kam ein neues Gutachten ans Licht, welches durch die private Aufklärungsinitiative „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ in Auftrag gegeben wurde. In diesem Gutachten wurde die Tatnacht samt Zelle nachgestellt, wobei der britische Gutachter Ian Peck feststellte, dass Jalloh von Polizisten angezündet wurde. Nachdem man den künstlichen Körper mit 2,5 Litern Benzin übergoss, befand sich dieser in einem ähnlichen Zustand wie die Leiche von Oury Jalloh in seiner Zelle. Peck sagte im Anschluss: „Das bloße Entzünden der Matratze oder der Kleidung würde niemals einen solchen grad an Verkohlung nach sich ziehen.“ Alle Sachverständigen kamen immer zum selben Ergebnis, dennoch wurden die zuständigen Polizisten nie zur Rechenschaft gezogen. 

Es ist nicht nachvollziehbar, wie nach fast 16 Jahren trotz eines nach wissenschaftlichen Tatsachen belegten Falles immer noch keine Ermittlungen aufgenommen wurden oder die Beweise als unzureichend dargestellt wurden. Es ist erschreckend, jedoch nichts Neues:

2006 erschossen Polizisten Dominique Kouamayo in Dortmund, weil es zu einer Auseinandersetzung mit einem Kioskbesitzer kam

2011 wurde Christy Schwundeck im Frankfurter Jobcenter erschossen, weil sie aus finanzieller Not um 10 Euro bat.

2016 wurde Hussam Fadl vor einer Geflüchtetenunterkunft in Berlin durch vier Schüsse ermordet, weil er aufgeregt auf die Beamten zulief.

2018 wurde der 19-Jährige Matiuallah Jabarkhil mit insgesamt 12 Schüssen ermordet, weil er einen Stein auf ein Bäckereifenster warf.

2018 starb Amad Ahmad „zufällig“ an Brandverletzungen in seiner Zelle in Kleve, nachdem er mit einer anderen Person verwechselt und unschuldig festgenommen worden war

Der wachsende Rassismus innerhalb des Staates ist nicht mehr zu verleugnen. Die tiefe Verankerung, insbesondere innerhalb der Polizei, wurde schon mehrfach bewiesen. Diese Vorfälle zeigen jedoch, dass nur mit dem Protest und dem Widerstand der Menschen solche Fälle nicht in Vergessenheit geraten können. Es beweist ebenfalls, dass der deutsche Staat alles in seiner Macht stehende versucht, um diese eindeutigen rassistischen Morde zu vertuschen. Oury Jalloh war kein Einzelfall. In zahlreichen Städten wurden und werden Demonstrationen oder andere Aktionen geplant, um völlige Aufklärung im Fall Oury Jalloh zu fordern. 

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