April 27, 2024

Ungarn- Faschistische Lektüre im Lehrplan

Ende Januar wurde für die Schulen in Ungarn ein neuer Lehrplan beschlossen. Dieser Lehrplan ist vor allem an der Vergangenheit orientiert. Es sollen der ungarische Nationalismus, die Bereitschaft fürs Vaterland zu kämpfen und das christliche Familienbild gestärkt werden.

Um diese Lernziele zu erreichen wurden als Pflichtlektüre Autoren bestimmt, die für ihre Nähe zur faschistischen Ideologie oder zum Antisemitismus bekannt sind. Dazu zählen beispielsweise Ferenc Herczeg (1863-1954), József Nyíro (1889-1953) und Albert Wass (1908-1998). Sie alle genießen in rechtsradikalen Kreisen große Sympathien.
Weltberühmte ungarische Autoren wie Imre Kertész und Péter Esterházy jedoch wurden nicht mal im Lehrplan erwähnt. Das überrascht nicht, denn Esterházy hatte zu seiner Lebenszeit die Orbán Regierung stets verurteilt. Nach einer Zeit wurden schließlich die Werke beider Autoren als mögliche Option in den Lehrplan aufgenommen, aber ausschließlich die Bücher, die vor 1989 geschrieben wurden.

Rechtsradikale Ansichten haben sich in der ungarischen Lehrerausbildung in den letzten Jahrzehnten noch mehr etabliert. Dagegen ist aber auch Protest entstanden. Viele Lehrer stellen sich offen in sozialen Medien gegen die Nutzung der Werke faschistischer Autoren im Unterricht. Auch bekannte Schulen, Lehrervereine, Pädagogen, Schriftstellerverbände, Schüler und Eltern beteiligen sich am Protest. Heute hat die Regierung Orbáns selbst bei Konservativen, Christen und manchen Patrioten eine Grenze überschritten, was bedeutet, dass die Regierung in den Teilen der Bevölkerung, durch die sie aufgestiegen ist, mehr und mehr Sympathien verliert.

In den letzten Jahren gab immer wieder Massenproteste gegen die rechte Regierung. Dieser Protest muss konsequent weitergeführt werden. Dass trotz der dunklen Geschichte Europas heute in einem europäischen Schulsystem immer noch für Faschismus propagiert werden darf, ist ein Warnsignal für alle antifaschistischen Kräfte, sich noch entschlossener gegen diese Entwicklung zu stellen; in Deutschland und überall.

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